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Im Gespräch mit Susanne Pavlovic [Interview][Blogtour]
Schreiben und Lektorieren ist immer ein himmelweiter Unterschied. Da ist es schon beinahe wurscht, was ich schreibe oder lektoriere. Das eine ist sozusagen ein “top down” Prozess – ich zerlege und analysiere etwas bereits Vorhandenes. Das andere ist ein “bottom-up” Prozess, in dem ich etwas Neues herstelle.
Hatte ich beides schon. Meine Fantasyromane haben (neben wechselnden Figuren) eine feste Stammbesetzung an Protagonisten, deren Geschichte ich weiterspinne. Da erfinde ich neue Handlung für bestehendes Personal. Manchmal habe ich aber auch Lust auf ein bestimmtes Erzählelement: Ich möchte demnächst eine lesbische Liebesgeschichte im Rahmen klassischer Fantasy erzählen – da ist dann zuerst die Idee, und dann entwickle ich interessante Figuren dafür. Und manchmal steht am Anfang irgendeine willkürliche “Eingebung”: Ich versuche seit Jahren, einen Roman über eine Figur namens John Moon zu schreiben. Einfach weil der Name mich triggert. Ich hab den Stoff noch nicht im Griff, aber das wird schon noch. Ist die Initialzündung einmal geschehen, gehe ich allerdings schon planerisch vor. Ich brauche einen solide gestrickten roten Faden, damit ich weiß, wohin ich schreibe.
Ich schreibe Notizbücher voll Ich weiß, dass man das heute technikaffin auch über Autoren-Textverarbeitungen wie Papyrus lösen kann, aber ich schreibe gerne auch mal mit der Hand und finde mich in meinen Notizbüchern gut zurecht. Ist sicher auch Gewohnheit: Meine Arbeitsstrukturen habe ich in den frühen 90er Jahren entwickelt und seither ein paar tausend Seiten so produziert.
Eigentlich sind die beliebig. Gefallen müssen sie mir, sie müssen sich gut anfassen, und ich mag auch gerne “blanko” Seiten ohne Linien oder Kästchen. Es hat sich da inzwischen auch eine kleine Sammelleidenschaft entwickelt – ich muss noch viele Romane schreiben, um die alle aufzubrauchen … Mit meinen eigenen Aufzeichnungen komme ich im Regelfall gut zurecht. Ich kenne mich und weiß, dass mir immer mal eine Idee “durchrutscht”, also mache ich mir die Mühe und notiere die relativ ausführlich. Was mir allerdings öfter passiert, ist, dass ich die Idee schließlich doch nicht verwirkliche, weil sie einfach nicht reinpasst. Ich wollte z.B. ursprünglich die Wahrsagerin nochmal auftauchen lassen, von der Lila die Tarotkarte gekl…, äh, bei der sie die gefunden hat. Das war dann aber gar nicht mehr nötig und hätte nur gestört.
Es war insofern hilfreich, als dass ich das Setting und die Figuren schon kannte und auch in die Entwicklung der Rahmenhandlung für Staffel 2 eingebunden war. Das Schreiben an sich hat sich angefühlt wie damals zu Fanfiction-Zeiten: Man nimmt ein bereits ausgeformtes Universum, greift vorhandene Elemente auf und schmückt sie aus und fügt eigene hinzu. Jupp zum Beispiel hat mir gelegen. Zu dem ist mir viel eingefallen, deshalb spielt er in meinem Roman eine etwas größere Rolle als bisher.
Das war tatsächlich am Anfang nicht ganz einfach – Himmelreich ist ja schwertkampffreie Zone, und Lilas Alltag unterscheidet sich ja auch sehr von dem meiner Fantasyfiguren. Aber zum einen war ich ja nicht allein – wir Autorinnen sind ein sehr gutes Team – und zum anderen war’s auch mal erholsam, einfach so schreiben zu können, wie mir der Schnabel gewachsen ist. In der Fantasy achte ich ja sehr auf Wortwahl – da darf keiner etwas automatisch machen, weil Automaten nicht erfunden sind, nur als Beispiel.
Ein Stück weit hat die Figur den Plot vorgegeben. Lila als Träumerin war für mich von Anfang eine, deren “Mission” darin bestehen sollte, sich selbst ein Stück besser kennenzulernen und auch zu erfahren, dass Träume keine Träume bleiben müssen – dass man sie verwirklichen kann. Dafür wollte ich sie in ein wertschätzendes Umfeld setzen. Als Kind einer armutsbedrohten Alleinzerziehenden hat sie es nicht leicht, aber ihre Mutter ist an ihrer Seite. Und was Lila und die Liebe betrifft: Es entspricht meiner persönlichen Lebenserfahrung, dass Liebe und Freundschaft fließende Übergänge haben und viel weniger streng voneinander getrennt sind, als man so landläufig annimmt. Dazu noch eine Prise Drama und ein saulustiges Hippiefestival, und fertig ist die Nudelsuppe – äh, die Halspastille.
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Ich würd mal sagen, nach 20 Jahren schleicht sich da eine gewisse Routine ein, im Sinne von, ich habe meine Techniken, die mir helfen, wenn es mal nicht ganz so einfach von der Hand geht. Das sind letztlich Analysetools: Wo hakt es? Und warum? Wie kriege ich die Kuh vom Eis? Oder den Dinosaurier?
Ich war ganz groß bei „Lehrer retten die Welt“ J Mit anderen Worten, ich habe Geschichten aus dem Harry-Potter-Universum erzählt und dort hauptsächlich die Eltern- und Lehrergeneration in den Mittelpunkt gerückt. Das muss so um den Beginn des Jahrtausends gewesen sein. Diese teils umfangreichen Geschichten waren nicht meine ersten Schreibversuche, ich hatte zu dem Zeitpunkt schon ein paar unveröffentlichte Romane in der Schublade, aber die ersten Texte, die ich für ein breites, anonymes Publikum geschrieben habe. Wer eine Suchmaschine mit „Textehexe Fanfiction“ füttert, findet die auch heute noch.
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